Folgen Sie der Signaletik

Nein, entgegen falsch geschriebener Annahmen hat dieses Wort nichts mit Ethik zu tun. Intensives Nachschlagen hat ergeben, dass Signaletik ein auf Architektur, Design, Psychologie, Sinneswahrnehmung und Kultur beruhendes Konzept zur Orientierung/Lenkung von Personen in komplexen Umgebungen ist. Das Ganze soll dann auch intuitiv, sprich idiotensicher sein. Egal, wer wo auf der Welt ist, anhand signaletischer Symbolik findet er sich zurecht, anders als bei Verkehrszeichen, die man erlernt. Wären Verkehrszeichen nach signaletischen Grundsätzen erstellt worden, dann stünden Ferrarifahrer auch nicht mehr im Halteverbot, bloss damit sie gleich neben ihrer Prothese im Strassencafé sitzen können, an ihrem Goldkettchen und den gepumpten und gepimpten Vorzeigekugeln ihrer verblondeten Gespielin rumwerkeln können. Aber es kann ja nicht alles nach diesen Grundsätzen ausgelegt sein, das wäre ja zu offensichtlich.

Apropos offensichtlich und selbst für Idioten erkennbar: Mein Gesichtsausdruck kann ganze Geschichtsbände sprechen, wenn man ihn nur lässt. Allerdings ist das in verschiedenen Situationen nur bedingt wünschenswert. Beispiel, kürzlich beim Einkaufen, ich spiele am Obstregal an zwei Melonen rum, da entdecke ich gegenüber beim Gemüse eine attraktive Frau (nicht ganz so wie die, welche kürzlich bei mir zum Essen war, aber nahe dran) und die stöbert dort und richtet sich auf einmal wieder auf und hält mit beiden Händen und festem Griff eine Salatgurke. Ich kenn den Griff. Damit geht sie dann auch zur Kasse und lässt die Gurke nicht los. Mein schweinisches Grinsen hätte man mit dem Meissel entfernen müssen und ich war dankbar, dass sie in diesem Moment nicht geradeaus zu mir gesehen hat. Im Gegensatz zu ihrem, hätte ich nur Erklärungsnotstand gehabt. Ich werde mich doch wohl nicht irren, wenn ich annehme, dass sich Frauen, die in einem Laden nichts anderes als eine grosse dicke knackige Salatgurke kaufen, zu Hause sofort eine Gesichtsmaske auflegen, oder?

Ich kann mich aber auch irren. Tippt man in Word das Wort Frau und hetzt den Thesaurus drüber, klickt auf die Erklärung Dame, dann stehen da zwar (wusste gar nicht, dass Microsoft Humor hat) „Krone der Schöpfung“, aber „Gipfel der Verwirrung“ lassen sie weg. Geht doch nicht. Ich meine, wie sonst ist es zu erklären, dass bei Tisch zwei Frauen sitzen und durch haarsträubende Querverbindungen, die sie am Ende selber nicht mehr nachvollziehen konnten, auf das Thema „Wolle beissen“ kamen. Und, das war das Spassige daran, beide hatten bei dem Gedanken, auf einen Wollfaden zu beissen einen Gesichtsausdruck wie Menstruationskrämpfe im Endstadium. Die beiden Männer am Tisch konnten das nicht nachvollziehen. Fingernägel auf Wandtafel, Löffel an Topfwand (ach ja, der Zusammenhang), Zugbremsen, gut, aber ein Wollfaden? Könnten andere Frauen dazu Stellung nehmen?

Apropos Wolle: Wollen wir mal eben noch auf ein anderes bizarres Phänomen eingehen, nämlich jenes, dass ich für eine Freundin den Text für ein Singleportal schreibe und sie deswegen die Tür eingerannt bekommt. Sogar bevor ein Foto mit drinsteht und die Typen natürlich bemerken, wie IHRE Zeilen ansprechend seien. Gut, später lässt sich alles als Augengeilheitumschreibungsmanöver auslegen, aber IHRE Zeilen. Warum funktionieren dann MEINE Zeilen bei MIR nicht? Gut, eventuell stört das Bild. Aber echt, meine Zeilen. Die scheinen zu paralysieren. Ach nein, falsch, polarisieren heisst das. Entweder die Texte werden als originell empfunden, aber der Kontakt verläuft im Sand, oder die Texte werden als kalt und sarkastisch gebrandmarkt, dies allerdings dann meist von verbitterten mittvierziger Müslischlampen, die ihren Computer vor lauter Räucherstäbchenqualm kaum mehr erkennen können und eigentlich froh sein könnten, wenn sie wenigstens einen Sarkasten abbekommen. Aber die warten lieber auf den Sandalen- und Selbststricksocken tragenden Gedichteauskotzer, der nächtens von vor unter dem Balkon wie einst Romeo seine schwülstigen Machwerke aus seinen Eingeweiden quetscht. Bloss hat Romeo damals wenigstens einen Schlussstrich unter den Krams gezogen. Ich werde wohl mein Bild testhalber durch ein signaletisches Icon ersetzen. Oder ich schreibe nur noch für andere ihre Texte. Oder ich lass es bleiben und mache etwas GANZ anderes. Gurkensalat.

Aktuell im Ohr: Mark’Oh & John Davies – Should It Begin…

5 Comments on “Folgen Sie der Signaletik

  1. Ok, DAS hast du nicht erwähnt .. ich nehme hiermit meinen ersten Kommentar untertänigst zurück *verbeug* ;) ^-^

  2. lass dir doch deine zeilen auch mal von jemand anderem schreiben? vielleicht klappts ja umgekehrt auch?

  3. "Entweder die Texte werden als originell empfunden, aber der Kontakt verläuft im Sand, oder die Texte werden als kalt und sarkastisch gebrandmarkt, dies allerdings dann meist von verbitterten mittvierziger Müslischlampen" Ich treibe mich zwar derzeit nicht in Single-Portalen rum, aber das kommt mir in Bezug auf meine Blog-Texte bekannt vor. Die männliche Variante der verbitterten Müsli-Mittvierziger verläuft sich nämlich immer mal gern auf meine Seite und attestiert mir dann z.B. "Verbiesterung" oder "Penis-Neid", weil sie entweder das Thema nicht verstanden oder sämtliche Humor-Restbestände beim Selbstbemitleiden vernichtet hat. Was auf das gleiche hinausläuft.