Nachmittage an Wochenenden

Samstag bei IKEA. Die Grundidee war eigentlich, mir dort endlich die letzte noch fehlende Lampe für meine Wohnung zu organisieren. Mit gewissen Vorstellungen im Kopf und mit dem Wissen, nur eine bestimmte Ecke frequentieren zu müssen, begab ich mich also zum Sperrholzhändler meines Vertrauens. Teelichter musste ich keine kaufen, weil ich a) männlich bin und b)… naja… letztes Mal einen Beutel davon eingepackt hatte. Egal. Lampe. Ein Stück. Ich kenne nicht die Layouts ALLER Schwedenmöbelisten, aber um in die Lampenabteilung dieses spezifischen Geschäfts zu kommen musste der ganze Parcours zurückgelegt werden. Lampen? GANZ hinten, kurz vor dem Ausgang. Dann war der Weg dorthin ausgelegt wie bei einem Brettspiel, mit Pfeilen auf dem Boden und enorm vielen anderen Mitspielern, allerdings ohne Würfel, dafür mit vielen Idioten.

Was veranlasst eigentlich Familien, mit dem kompletten Anhang und Kinderwagen ausgerechnet samstags bei IKEA einzufallen wie die Heuschrecken? Die Weggestaltung zwischen Sofas, Betten, Küchenkonsolen und über Sitzgruppen muss hier entsprechend kreativer angelegt werden, um die Babyschubsen zu umgehen. Den Gedanken an ein kleines Schwedenleckerli (im Restaurant, nicht die kleine dunkelhaarige Schwedin) verlässt mich mit der Geschwindigkeit einer Flugzeugtoilettenspülung, als ich vor einer Unmenge an 3- und 4-rädrigen Gefährte stehen, die wohl prinzipiell dem Kindertransport dienen, aber eher aussehen wie Gefährte der NASA für Oberflächenausflüge auf fremden Planeten. Die zweite Gruppe von hier auftretenden „Menschen“ sind zwei oder mehr Erstausrüstende Girlies, die nicht alleine einfahren können, weil sie a) ihr Auto nicht mehr finden und b) einen Karton mit Nachttisch nicht ohen Hilfe zum Auto tragen können. Und bei dem Gegackere empfindet man spontan Vogelgrippe als durchaus legitime Verteidigungsmethode der Natur. Dann fehlen eigentlich nur noch die frisch verliebten Pärchen, die zusammen Wohnung ausstatten und sich angurren (Tauben: Eliminierungsvorschlag siehe einen Satz weiter vorne). Am Ende war ich geschafft, hatte wegen Überbevölkerung am Futterstand keinen Einfranken-HotDog und immer noch keine verfickte Lampe.

Nun denn, ausspannen und den Sonntag grundsätzlich in entspannter Haltung verbringen. Bei MTV. Obwohl, das entspannt das Gehirn nicht nur, es de-evolutioniert schon eher. Angefangen hat das Elend ja ursprünglich mit Dismissed, der trendigen Datingshow für exhibitionistische Intelligenzallergiker mit übertriebener Selbsteinschätzung. Zwei des einen Geschlechts buhlen an von ihnen ausgesuchten Date-Lokationen um eine Person des anderen Geschlechts (meistens). Dabei machen sich beide mehr oder weniger zum noch grösseren Vollarsch, als sie es seit Geburt schon sind, um danach von der/dem Umbuhlten gehörig in die Wüste geschickt zu werden. Zwischen den Szenen, die gemeinsam verbracht werden, wird immer mal ein Interviewschnipsel zur jeweiligen Situation eingeblendet. Die Aussagen, die (vor allem bei den Männchen) getätigt werden, lassen sich grob in drei Stufen einteilen:
Ich möchte dich kennenlernen. = Ich will dich poppen.
Aus uns könnte etwas werden. = Ich will dich zwei Mal poppen.
Ich meine es ernst mit dir. = Ich will dich mehr als zwei Mal poppen.

Als Nachfolger dieses seit jahren erfolgreichen Formats wurde dann Room Raiders eingeführt, bei dem der/die Suchende nicht die Personen zu sehen bekam, sondern deren Zimmer. Mit Gummihandschuhen und Pinzette ausgerüstet werden dann jeweils die peinlichsten Seiten der jeweiligen Wohnräume der vorher entführten Delinquenten ans (Schwarz-)Licht gebracht. Egal ob ungewaschene Laken, P*rn*seiten auf dem PC, Brusterweiterungen oder Gummisusis unterm Bett, alläääs kommt raus. Und je nachdem, wie gut oder schlecht so ein Zimmer dann befunden wird, danach wird dann der Datingpartner gewählt. Zumindest fällt bei dieser Sendung das Primärwählen durch Optik weg. Anders als zum beispiel bei Swissdate, das ist eine der peinlichsten Kreationen Schweizerischen Privat-TV-Schaffens, eine Art Herzblatt für Anfänger, wo der Frager die Antworter sieht und eigentlich meist schon beim Reinkommen klar ist, welche Frau mit dem Mann rausgeht (die OHNE dicken Hintern) oder welcher Mann mit welcher Frau (der Sonnyboy mit den Muckis). So viel zum Thema Frauen gehen nur nach inneren Werten.

Um dieses Problem auch wieder auszuschalten erfand MTV eine ganz perfide Variante des Datens, auf das mich dankenswerterweise MissTeriösli aufmerksam gemacht hat: Mum Raiders. Ach nein, falsch. Date my Mom. Die Typen haben kein Date mit der Tochter, sondern mit deren Mutter, und versuchen dort herauszufinden, wie oder was die Tochter ist, oder welche Macken sie hat. Ich hab es erst EINMAL gesehen und habe doch schon das dumpfe Gefühl leichten Hirnzellenverfalls. Immerhin brachte keine Mami peinliche Babyfotos mit, aber die erzählten Geschichten taten ein Übriges dazu. Interessanterweise wählten die Show-Verantwortlichen jeweils Mammi-Dummi-Kombis, wo man optisch von der Alten nicht auf die Jungen schliessen konnte. Eine Olle hätte sich am liebsten gleich auf den Bubi gestürzt, die war beim ersten Blick, den sie erhaschte schon instant-rattig. Aber nein, sie musste ja ein Date durchstehen. Aber ein gewisses Wettbewerbsgefühl kam da schon auf, schliesslich könnte der ja, wenn mit Tochter und dann auch mal dort übernachtet und ja auch mal duscht so rein hoppla, ich wollte doch gar nicht aber wenn wir schon beide nackt sind… Nun ja, die Mutter, welche erwähnte, dass ihre Tochter modelt, aussieht wie Barbie und gepimpte Pötte hat, die hat gewonnen. Ich weiss jetzt aber gar nicht, warum. So weh es auch tun mag, ich glaub, ich ziehe mir da noch eine Folge rein. So viel Schmerz muss sein.

Aktuell im Ohr: Heaven 17 – Into The Blue

11 Comments on “Nachmittage an Wochenenden

  1. Dort war ich vorgestern auch :-) Ich brauchte dringend kerzen *ggg* Was wird eigentlich aus unseren kinderfotos? Hast du die noch? Gruess Luna

  2. Ja, die hab ich noch, Server ist gewechselt, also nur noch eine Frage der Zeit (jaja, jetzt kommen gleich die blöden Anmerkungen :P )

    Aha. Klar. Welche Frau geht nach IKEA und kauft KEINE Kerzen? :D

  3. Man geht ZU IKEA und nicht NACH … ("Wie, IKEA schon zu ?") *klugscheißermodus aus* Zähneklappernde Grüße aus Schweden

  4. Was mir aufgefallen ist: Die Männer schieben angestrengt den Einkaufswagen und die Frauen gehen mit einem Lächeln lässig daneben her.