Kuschel mich!

Mir wurde eben gesagt, ich solle mir endlich jemanden zum Kuscheln suchen, sonst werde das hier gar nichts mehr. Hm. Interessanter Ansatz. Stimmt eigentlich, Lebensmittel teste ich ja auch live. Unter diesen Vorzeichen würde ich dann auch gerne einen Artikel darüber schreiben, wie es ist, fünf Frauen im Be… Na gut. Schon klar. Aber auch ein interessanter Ansatz: Wurde eben noch gefragt, ob ich Erwähnung an dieser Stelle gegen Naturalieneinsatz verscherbeln würde. Wäre zu überlegen. Dann müsste ich aber direkt betreffende Person fragen, ob da drauf spekuliert wurde.

Unsere Gesellschaft singularisiert und entfremdet sich von angeborenen Verhaltensweisen. Leider gehört Nasepopeln in der Öffentlichkeit nicht dazu. Es geht um spontanes Berühren, Festhalten, Umarmen, Kuscheln. Bei Urstämmen war Rudelknuddeln völlig normal, man gab sich Wärme, körperlich wie emotional. Wenn man das heute versucht, dann stösst man auf Unverständnis oder auf Eins in die Fresse. Um dem zu entgehen flüchten wir uns in Beziehungen, weil man dort neben poppen auch kuscheln kann. Das will der Mensch und weil wir eben ganz tief in unseren Genen immer noch mit ganz vielen Menschen kuscheln wollen, gibt es Trennungen und Scheidungen, denn wenn ich zum Beispiel eine Freundin habe, dann sieht es die sehr ungern, wenn ich mit ihrer Schwester, Freundin oder jungen Mutter Körperwärme teile. Auch im Winter.

Das wäre viel einfacher, wenn unsere Zivilisation sich nicht so vehement an Regeln festhalten würde, die in Zeiten entstanden sind, wo gruppiertes Aneinanderreiben aus dem Grund verpönt war, weil die Körperhygiene extrem mangelhaft war. Natürlich läuft das nicht, dass man auf der Strasse auf Wildfremde zurennt und sich an sie drückt. Auch nicht, wenn auf diesem Schild da steht „Fussgänger drücken“. War auch ein Grund, warum in den Zügen in Japan Frauenwaggons eingeführt wurden, weil dort Frotteure ihr Unwesen trieben. Das sind übrigens keine Frottewäschefans sondern Personen, die sich durch blosses Reiben an anderen in Exstase versetzen. Die sind an Kuschelpartys nicht beliebt. Kuschelparty? Das gibt es, begonnen in Amerika, wo sich Menschen regelmässig zusammenfinden, sich in gemütliche Klamotten stürzen und dann gruppenkuscheln.

Schwer vorstellbar, dass dort mitten im Gewühl ein Typ im Nadelstreifenanzug liegt, also ist die Sache mit den Klamotten verständlich. Da sitzt oder liegt man/frau also und macht nichts anderes als sich halten, den Rücken drücken, umarmen und sich wohlfühlen. Das mag jetzt für uns distanzierte Mitteleuropäer eher seltsam erscheinen, aber anscheinend ist das Bedürfnis hier durchaus auch aufzufinden. Also, es wäre, wenn sich jemand trauen würde, es zuzugeben. Frauen haben es zwar diesbezüglich noch ein wenig leichter, die berühren sich leichter als Männer, die weder beim Sport noch sturzbesoffen sind. Lege ein Mann mal einem anderen einfach so den Arm um die Schulter. SCHWUCHTEL! Oder umarmen. GEH WEG DU FREAK! Nicht ganz einfach, sag ich doch.

Aber auch sonst, wenn heutzutage in einer Bar ein Mann zu einer Frau hingeht und sagt „Ficken?“, dann kennt man das, das ist normal. Aber ein Mann geht hin und sagt „Kuscheln?“, dann heisst es WEICHEI! Warum nur? Es gibt doch auch Frauen, die möchten Nähe, aber nicht gleich Ramalamadingdong. Zusammen vor den Fernseher setzen und zusammen unter eine Decke kuscheln. Nix ist! Sogar Eisi, mein Plüschbär wird völlig unbedarft in den Arm genommen und gedrückt. Na gut, ich bekam da auch noch mein Drückerchen, aber das hat viel weniger lange gedauert. Oder wie kommt das wohl an, wenn ich jetzt in einem der Single-Portale zu einer Frau sage, die ich durchaus ansprechend finde: „Wollen wir kuscheln?“. Was denkt die dann? „Der will bloss poppen“? „Au JAAAAAA!“? „Wääh, DEN anfassen“?

Na gut, es gibt Menschen, die mag man, würde sich aber niemals so annähern, dass es kuschelig wird. Wir haben ja alle diese Aura, dieses unsichtbare Feld, wo es unangenehm wird, sobald ein Anderer oder eine Andere darin eindringt. Uneingeladen. Wenn man im Büro zu jemandem sagen muss vor dem Bildschirm, dass man sonst eigentlich nur Frauen mit denen man Sex hat SO nahe an sich ranlässt, dann ist das schon ein Warnsignal. Aber ich rede ja immer von Leuten, die man mag. Und ja, wenn hier Vermutungen angestellt werden, dass ich zu wenig geknuddelt werde, dann stimmt das. Ich stehe dazu. Und weil ich ja auch nur ein etwas unterkühlter Schweizer bin, muss ich das vorsichtig angehen. Ich muss das üben. Und damit der Übergang vom leichten zum Hardcorekuscheln nicht ganz so schlimm ist, da würde ich doch gerne mit attraktiven Frauen anfangen. So als Einstieg.

Aktuell im Ohr: Dossche feat Steve Harley – Ich bin Gott

6 Comments on “Kuschel mich!

  1. Eröffne noch deine eigene Kuschelgruppe und hole den Trend in die Schweiz… ein Versuch wärs Wert und du kannst dann gaaanz viel üben… für den Ernstfall *g*.