Das "Tage"-Buch historisch und hysterisch
Die ollen Krümel von früher
Viele wissen den Morgen einfach nicht zu schätzen. Stehen auf, sind muffelig und müffelig und gehen blind an alltäglichen (na fast) Schönheiten vorüber. Wenn man aus dem Haus tritt die frische Morgenluft richtig zur Kenntnis nehmen und sich nicht aufregen, dass man sich den Arsch abfriert. Der Morgen kann nichts dafür, dass Mode Priorität über Wärme geniesst. Augen öffnen. Unter einem im Tal ein riesiges, waberndes Meer aus Nebel, hinter den Ostschweizer Alpen geht die Sonne auf und bemalt die morgendlichen Schleierwolken in Millionen von Rot- und Goldtönen. An anderen Orten mag vielleicht diese Umgebung nicht ganz gegeben sein, aber da behilft man sich spontan wie in Frankreich. Brennende Autos machen auch schönes Rot an den Himmel.
Aber zurück zu unserem Morgen und zu einem Bus, den ich sonst nie nehme. Jetzt weiss ich auch warum. Seit heute Morgen habe ich den Beweis, dass Vogelgrippe auf den Menschen übertragen werden kann. Dass das darauf folgende Gegackere aber ausgerechnet in einem akustisch unidirektionalen Umfeld (Lärm geht nicht raus, aber es kommt welcher rein, was wie beim Treibhauseffekt für eine Konzentration sorgt) wie einem Bus stattfinden muss, das finde ich nicht korrekt. Es heisst zwar, man solle Hühner überdacht halten, aber Hühnergatter haben wenigstens GITTER, durch die Lärm entweichen kann. Nicht wie hier. Und wehe, verschiedene Googg-Googg-Fraktionen treffen aufeinander. Nebenbei frage ich mich, ob bei Teenagern heutzutage auch noch eine Stufe ZWISCHEN VivaMTV-Klingelton-gesteuerten Bulimiepüppchen und Playstation2-phlegmatisierten McDonalds-Kugeln existiert.
Blondie1 plaudert mit Blondie2, wobei Blondie1 sowas wie eine Leaderin zu sein scheint. Falls sich eine Leaderin durch Hüftbreite auszeichnen sollte, dann hätte sie gewonnen. Auf jeden Fall unterhalten sich die beiden gut bis zur nächsten Haltestelle, wo Brownie1 (mit neongelben Fingernägeln) einsteigt. Die umarmt Blondie1 und übernimmt sofort das Gespräch. Blondie2 ist leicht konsterniert und fühlt sich übergangen, was sich deutlich in ihrem Gesicht abzeichnet. Ihre Augen strahlen STIRB aus. Neben Blondie2 dreht sich Mützchen1 um und zupft Brownie1 am Ärmel. Die freut sich und grüsst überschwenglich an Blondie2 vorbei und lässt selbige ganz gezielt aus ihrem Bewusstseinsraster plumpsen. Blondie2 kriegt für einen Teenie schon ziemlich abgefeimte Gesichtszüge und ihre Augen sagen STIRB DU SCHLAMPE. Das fröhliche Gegacker unter den anderen blubberte munter weiter und jetzt kam dieses Lippenkauen dazu und die Spannung näherte sich dem schwelenden, gärenden Höhepunkt. Und PENG sind wir an der Endstation und müssen aussteigen. F…! Genau jetzt! Wie weiss ich jetzt, ob sie sich gegenseitig die Augen ausgekratzt haben? Ist ja nicht so, dass es wie bei einer Soap morgen früh weiter geht. Nachteil. Aber wenigstens sass ich hier (im Gegensatz zur ARD-Werbung) tatsächlich in der ersten Reihe.
immer wieder schön solche szenen mitzuerleben…
ich hab regelmässig 2 gackerhühner im gleichen zugabteil, immer die zwei gleichen…
meine güte… ich bin nicht viel älter, aber diese (altersbedingten) probleme will ich um keinen preis haben *g*