Kuss der Dekade

Bei den MTV Movie Awards gibt es neben den besten Darstellern, Filmen und gehabter Kategorien auch immer denjenigen des besten Kusses. Einmal war das der Kuss unter Mädels aus Cruel Intentions, ein andermal war es der Kopfüberkuss aus Spiderman. Was sind nun Kriterien zur Kürung des Kusses par Excellence? Knisternde Erotik? Ja. Schwülstige Umgebung? Nein. Die Chemie zwischen den Lippenkontrahenten muss stimmen? OH JA. Mit der Zunge die Mandeln ablecken? Nääähäää. Rundherum löst sich die Restrealität in Blubberbläschen auf? Yep. Hauptsache drin und wenn’s sein muss mit Anlauf? Absolut nein. Das ist nicht erotisch, das ist primitiv und völlig unprofessionell. Ein Kuss hat gewisse Regeln. Klingt doof, ist aber so.

Beispiel: Man leckt sich nicht zuerst fünf Minuten die Lippen ab, damit alles richtig schön feucht ist. Wenn ich ein nasses Gesicht haben will, kaufe ich mir einen Hund. Kein Knoblauch, keine Zwiebeln oder ähnliche duft- und blähungsintensiven Nahrungsmittel. Kohlensäurehaltige Getränke sind möglichst zu vermeiden. Oder wer findet es toll, in den Mund gerülpst zu werden, dass die Ohren schlackern? Eben. Das Gesicht in dasjenige des Gegenübers oder Gegenüberin zu hauen ist beim Wrestling möglicherweise akzeptabel, beim Küssen ist eine verlangsamte (auch zur Hebung der Spannung) Annäherung viel besser geeignet. Insbesonders, wenn man Augenprobleme hat oder mit der Anordnung der benötigten Gesichtsteile nicht ganz vertraut ist.

Die Umgebung hingegen ist eigentlich beim reinen Küssen Nebensache (siehe Spiderman). Es darf aber Rücksicht genommen werden, wenn beispielsweise in einem Lift zwei sich (nicht ganz regelkonform) ableckende Pärchen stehen und mir den Ausgang versperren und ich genötigt werde, die Speichelumverteilung mitanzusehen. Es war kein schöner Anblick. Die konnten das halt auch nicht. Aber es gibt sie doch, die Nichtfilmküsse, die im alltäglichen Leben stattfinden. Wo man denkt, hah, da fehlt jetzt nur die Kamera, die kreisend um das paar zirkelt, die Umgebung wird weichgezeichnet und ein Streichorchester aus dem Off spielt Pachelbels Kanon. Der Hintergrund wird dunkel, Feuerwerk steigt auf und zwei Augenpaare strahlen sich an. DAS müsste einen Preis bekommen. Wenn man dann noch einer von den beiden Teilnehmern und Innen ist, dann kann es fast nicht mehr besser werden.

Ihr möget mir also meine temporäre geistige Abwesenheit verzeihen. Ich muss zu einer Preisübergabe.

Aktuell im Ohr: Mark’Oh vs. John Davies – Rebirth