Das "Tage"-Buch historisch und hysterisch
Die ollen Krümel von früher
Wenn man noch vor einigen Jahren eine zarte zwischenmenschliche Beziehung knüpfen wollte, dann ging man auf die Dame des Herzens zu und hauchte ihr ins Ohr: „Ey, Schnecke. Willsu poppen?“ und das ganze fand in der Disco statt. Aber die Zeiten sind vorbei. Heutzutage geht der Spruch „Willst du diese Rose haben?“ und spielt sich vor einer gigantischen Masse von Einschaltquotienten ab (ei-Q). Nicht etwa in jedem beliebigen Restaurant, dort heisst das „Wolle Rose gaufe?“. Nur sitzen beide mehr oder weniger Paarungswilligen (je nach Gegenüber) schon mit einer Rose im Knopfloch am Tisch, weil es das erkennungszeichen beim Blind Date ist. Nun denkt ER, dass er sich bei IHR einschleimen kann, wenn ER IHR Rose gauft. Weil wenn nicht, dann denkt SIE von IHM, dass ER ein Knauser ist und sich überhaupt nicht um SIE bemüht. Aber was tut er nicht alles, in der Hoffnung auf eine Nacht ohne Chips und Fernbedienung. Dann kauft er für elend teures Geld viel zu viele Rosen, die schneller verwelken als Western Union das Geld nach Abzockistan übermittelt und hört sich in der Hoffnung auf einen Kistenhüpfer alles, aber wirklich ALLES an.
Er nickt sogar brav, falls sie von ihren Lieblingssongs (Mariah Scarey), ihrem Lieblingsbuch (Hairy Potter) oder ihrem Lieblingsfilm schwärmt. Das ist bei Frauen ab einem gewissen Alter… Nein, das ist bei Frauen eines gewissen Alters „La Boum“, weil der ja soooo romantisch war. Jeglichen Stolz verlierend stimmt er in jedem Punkt zu und rechtfertigt sich selber gegenüber, dass da immerhin Sophie Marceau mitgespielt hat und die sei ja doch ziemlich holla. Das sagt er natürlich nicht laut, schliesslich würde ihn das Punkte kosten. Also bezahlt er brav, schaut ihr tief in die Augen und schmachtet: „Willst du diese Rose haben?“. Worauf eine der Frauen gegenüber sicher JA sagt, schliesslich wird man pseudoprominent nur so richtig, wenn man sich bis mindestens ins Finale hochvö… ähm… hochvoten lässt. Könnte man nicht den Programmzeitschriften Tabellen beilegen, wer durch wen, an wem, mit wem, in wem, auf oder unter wem Bekanntheit erlangt hat, tut oder werden wird. Oder wer eine Platte macht, ein Buch schreibt oder sich mehr oder weniger nackig zeigt. Das grosse Übel der heutigen Zeit, das Furunkel, das am Arsch der Talkshow wuchert: Castingshows. Poppstars, SDDSDSDSDS, StarSearch, StarFind, Bachelor, Wer poppt den Millionär, Wer rammt den schönsten Gurkenlaster und und und. Gibt es eigentlich in Deutschland jemanden, der noch NICHT im TV war?
Einige brauchen das ja noch öfter. Bei Family Date (Show, in der Eltern den Freund für ihre Tochter ausgesucht haben) tauchte ein Typ auf, der kam mir irgendwie bekannt vor. Plötzlich dämmerte es mir und ich erinnerte mich an eine Folge DisPissed auf MTV. Da war der auch. Bekam aber beide Male keine ab. Datingshowtourismus? Wer sich in zehn Sendungen prostituiert hat bekommt einmal Promirammeln umsonst? Da gibt es bestimmt ein paar abgehalfterte aber aufgepolsterte Ex-Pornösen, die sich für ein bisschen Publicity casten lassen würden. Ja, stöhn doch mal. Ja. Kannst du dich denn dazu auch bewegen? Na komm, gib dir Mühe, SO kommst du nie in die Band! Sorry, unter die Band. Dafür gibt es einen Trostpreis für all die Damen, die beim Bachelor nicht die ultimative Blüte zum Pflücken freigeben durften. Teleshopping von TargetMusic bietet „L’Amour“ an. Für die „einsamen Stunden danach“. Wobei, wenn man die Presse so mitverfolgt gilt das eigentlich nicht nur für die, sondern auch den Bachelor selber und sämtliche Ex-Promis, die durch diese Shows entstanden sind und am Ende wie ein Fixstern verglüht zurück in den Vorstadtmuff klatschen. Wo man sie dann für die Talkshows wieder ausbuddelt.