Souvenirs, Souvenirs

Es gibt Sachen, die vergisst man, es gibt Sachen, die verdrängt man und es gibt Sachen, die vergisst man zu verdrängen. So lange bis sie wieder auftauchen, nachdem sie eine kleine Runde durch den Gedächtnispool geschwommen sind. Dann komme sie wieder an die Leiter, klettern raus und verlangen nach einem Handtuch. Da stehen sie dann im Bewusstsein und tropfen den Boden voll. Mir fiel zum Beispiel wieder ein, was auf dem Umbau meines Bettes stand (so ein Möbel, das zwei Seiten des Bettes umrandete, wo im Kopfteil Bettzeug drin war und im Rest Platz für kleine Sachen und darauf das Nachttischlämpchen, keine Ahnung, ob es so Möbel noch gibt). Da stand eine kleine venezianische Gondel, aus allerbilligstem Goldplastik, zumindest die Aufbauten. Der Unterbau war schwarz, der Gondoliere abgebrochen. Das war aber noch nicht das Erschreckende daran, das kam erst so richtig zum Vorschein, wenn es dunkel war. Dann konnte man nämlich das aus der Gondel führende Kabel in die Steckdose stöpseln und dann gingen etwa zwanzig bunte Lämpchen an, die im Innern des Gondelbaldachins angebracht waren. Sofort war mein Kinderzimmer in eine surreale Mischung bunter Lichtflecken getaucht. Wenn ich das als Kind schon formulieren hätte können, dann hätte ich wohl gesagt, ich bin auf einem Trip. Optisch zumindest. Wenn ich bloss gewusst hätte, wo das Teil eigentlich herkommt, denn diese Art brutalsten Touristenkitsches gibt es normalerweise nur vor Ort. Da ich aber nie in Venedig war, geschweige denn jemand aus meiner Verwandschaft, konnte ich mir das nicht erklären. Bis heute nicht. Ich wäre wohl damals selber noch nicht geschmackssicher genug gewesen, um nicht mein Taschengeld für so einen Müll auszugeben, daher wenn ICH dagewesen wäre, ich wüsste woher. Damals faszinierte mich das Farbenspiel nämlich durchaus. Heute wäre die Abschreckung wahrscheinlich das ganze Plastik und der dafür verlangte Preis, in und zu dem eigentlich in jeder Grossstadt diese Bedenken… öhm… Andenken feilgeboten werden. Egal ob Gondeln, Eiffelturm oder Tower Bridge, ich wette, der ganze Krempel wird zentral in der Marketinghölle der Fremdenverkehrsvereine ausgestanzt und ausgeliefert. Sprich: in China. Steht doch auf keinem dieser Augenbeleidiger „Made in Paris“. Wobei in Frankreich das auch wieder nicht stehen würde, weil die hundertprozentig NICHTS auf Englisch anschreiben würden. Also machen wir „Made in London“, sonst muss ich das Wörterbuch holen. Aber das Bunte vermisse ich irgendwie, wenn ich jetzt so daran denke. Da ich mich aber nicht stundenlang vor einen türkischen Laden stellen will mit seinen Lichterketten, werde ich mir wohl eine Lavablubberlampe kaufen. Hm. Möglicherweise würden aber auch drei davon cool aussehen im Abstand von je einem Meter auf einem Bord. Wenn ich noch eine Flasche Wein finde, dann geh ich schon mal die Farben austesten.

Aufruf (wieder mal): Gestehet und erzählet! Was war das peinlichste Souvenir, das ihr aus dem Urlaub zurückgebracht habt (Knutschflecken und Geschlechtskrankheiten zählen nicht)?

Aktuell im Ohr: Apoptygma Berzerk – Fade To Black

2 Comments on “Souvenirs, Souvenirs

  1. "Fabriqué en France/à Paris" würde in dem Fall eines Eiffelturmes draufstehen….vorausgesetzt er wäre nicht "Made in Taiwan" *s*

  2. Beinahe hätte ich aus Paris den ‚Fluffy Eiffel Tower‘, den Eiffelturm ala Plüschteddy, wahlweise in blau-weiss-rot oder hellbau-weiss-rosa mitgebracht. Abgehalten hat mich eigentlich nur der horrende Preis und dass ich schlicht keine Kohle mehr hatte.

    Ich denke hier zählt der gute Wille, oder?