Selbstversuche, The Next Generation

Was tut man als Hardcoretester nicht alles, um Produkte unter die Lupe zu nehmen, an die sich sonst keiner rantraut. Vor allem als Schweizer, die ja ursprünglich als Volk von Bauern (und Kriegern, die den Habsburgern ziemlich den Arsch versohlt haben) aufwuchsen und was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Eines der urtümlichsten Einheimischen Gerichte ist das Fondue. Es gibt davon zig Varianten, hier geht es mir heute aber um Käsefondue. Als Aufklärer eures Vertrauens erläutere ich zuerst das Prinzip des Käsefondues für Leute, denen diese Spezialität noch fremd ist. Bei Fondue wird übrigens das „on“ aus dem hinteren oberen Gaumenbereich heraus gesprochen (ähnlich wie bei Bonjour, falls das wer schon mal gehört hat) und danach das due als „düü“. Fooodüü. Ich müsste mal nachschlagen, wie das genau phonetisch geschrieben wird. Ah, hier: Fõ’dy: schreibt sich das, guckt mal im Duden nach, was das soll. Ihr seid ja schon gross. Zur Zubereitung eines Fondues benötigt man zuunterst ein Rechaud (Röschoo), das ist eine kleine Brennvorrichtung (gefüllt mit Sprit oder Brennpaste), die in der Mitte ein grosses Loch hat und darum herum kleinere, die durch ein Schieberchen verschlossen werden können zwecks Hitzeregulierung. Das Ganze ist eingebettet in eine normalerweise aus Gusseisen bestehende Vorrichtung, die unten das Rechaud hält und oben zum Abstellen der Fonduepfanne dient, die aber auch einen wohlklingenden Namen aufweist, nämlich Caquelon (Gagglooo). Jeder Mitesser bekommt eine lange, spitze, zweizinkige Gabel und ein Häufchen von acht bis zwölf Kubikzentimeter grossen Brotstücken, mit Vorteil auf einem Teller, der Sauerei wegen. Dazu einen Tee. Empfiehlt sich zumindest, obwohl viele Leute gerne Wein dazu trinken, allerdings sind kalte Getränke nur bedingt zu empfehlen. Ich komme noch auf den Grund zurück. Was nun noch fehlt ist der Käse. Um das allen Banausen gleich mal klar zu machen, da schnippelt man nicht irgendeinen Feldwaldundwiesenkäse rein, schon gar keinen Holländer oder gar so britischen Plastikcheddar, neiiin, dazu gehört eine geschmacklich fein aufeinander abgestimmte Käsemischung aus dem besten, was Schweizer Käsereien zu bieten haben. Dazu gehören als bekannteste Appenzeller, Vacherin (Waschräää), Gruyère (Grüjääär) oder regional verwurzelte Sorten. Man kann mischen oder reine nehmen, ist eine reine Geschmacks- oder Glaubensfrage. Zusätzlich kommen noch (je nach Bedarf) Kirsch (der Schnaps, nicht die Frucht), Weisswein und Gewürze hinzu. Bei Fonduemachern ausserhalb meiner vier Wände wird das Caquelon vorgängig mit Knoblauch ausgerieben und ein oder zwei Zehen („Zingge“ bei uns) Knoblauch in den Käse rein. Aber aus bekannten Gründen lass ich die weg. Im Normalfall wird die Käsemischung im Caquelon erst auf dem Herd geschmolzen, weil das Rechaud zu wenig Hitze entwickelt, um den ganzen Käse zu schmelzen, aber genug um ihn flüssig zu halten und ihn am Caquelonboden festzubrennen. Das ist auch der Grund, warum man nicht einfach die Gabel mit den Brotstücken in den Käse tunkt, sondern im Käse RÜHRT. Geschickterweise pustet man erst noch etwas an sein Brotstückchen, weil flüssiger Käse ist durchaus HEISS. Alles zusammen in eine nette Runde oder in ein romantisches Duo verpackt ist das Ideal für einen schönen Winterabend. Ach ja, kalte Getränke lassen den Käse im Magen leicht verklumpen, deshalb ist das nicht ganz so ideal, wenn man danach schlafen gehen will. Oder es vermeiden will, dass man zehn Stunden lang Käseduft aufstösst. Ihr seht also, das alles ist eine aufwendige, aber schöne Sache. Nicht so das heutige Testobjekt: Fondue für die Mikrowelle. Nach dem kürzlichen Outing als Aus-der-Packung-Fresser kam es auf DAS auch nicht mehr an. Das heutige Testobjekt war ein 200-Gramm-Becher Käsemischung, die man erst mit der Gabel etwas zermantschen musste, um sie atomstrahlenkompatibel zu machen. Eine Minute bei voller Power erwärmen, nochmal umrühren und die Minute wiederholen. Fertig! Riechen tat es zumindest mal wie Fondue, schliesslich war auch alles drin, was rein muss (Emmentaler, Gruyère, Weisswein, Kirsch- und Zwetschgenwasser – hollahoo! – und Gewürze). Also mit dem geschnittenen Brot und einem Pfefferminztee hingesetzt und gerührt (macht man automatisch, auch ohne Rechaud, aber es hält halt den Käse geschmeidig). Natürlich in sehr viel kleineren Kreisen als beim grossen Verwandten. Probieren und… Hm. Gar nicht mal übel. Also als Alternative für Singles oder Alleinwohnende wie mich, die sich mal ein Fondue anheizen wollen ohne das ganze Brimborium (und mindestens eine Zweipersonenportion fressen zu müssen), da ist das schon als Alternative denkbar. Grade angesichts des Fakts, dass die meisten Leute hier die fertigen Käsemischungen kaufen, die auch bei der MW-Version verwendet werden. Geschmacklich kommt es nicht ganz an die handverlesene Mischung vom Käser ran (da ist man dann auch selber für die Beigabe des Prozentigen bis Hochprozentigen verantwortlich). Aber endlich mal ein Produkt, bei dem ich sagen kann, das kauf ich mir wieder mal. Auch wenn das optische und umgebungstechnische Gefühl im Vergleich zum Original bei weitem nicht erreicht wird. Immerhin stinkt die halbe Wohnung nach Käse. Das gehört dazu. Und noch was: Wer bei Asterix gelernt hat, dass, wenn einem das Brotstück von der Gabel rutscht, mit Stockhieben, Peitschenschlägen oder mit Versenken im See bestraft wird, dem sei gesagt: DAS IST SO! Alternativ bieten wir auch noch an: Eine Runde bezahlen oder die Person auf dem Stuhl daneben zu küssen. Wobei ich da unter Umständen Stockhiebe und Peitschenschläge bevorzugen würde.

Aktuell im Ohr: Lenny Kravitz – Believe In Me

4 Comments on “Selbstversuche, The Next Generation

  1. endlich die langerwartete wahrheit übers käsefondue *gg*!
    Das mit dem tee finde ich interessant – ich kann endlich wieder mal einem ruhigen schlaf nach fonduegenuß entgegensehen!
    Nur aus purer neugier: wie wärs mal mit mengenangaben für ein perfektes käsefondue, damit das kochleben einer alpenrepublikanerin erleichtert wird ??
    Wie geht´s deinem kopf und der wand?

  2. perfekt ist immer geschmackssache. ich bin zum beispiel nicht sonderlich fan von emmentaler, andere fahren da voll drauf ab :) aber ich guck mal, vielleicht fällt mir eine brauchbare zutatenliste in die finger.

    die wand steht noch, der kopf auch. was immer sich daraus schliessen lässt :)