Das "Tage"-Buch historisch und hysterisch
Die ollen Krümel von früher
In Hilden findet alljährlich (dieses Jahr zum zwölften Mal) ein Happening statt, das amerikanische Hausbeleuchter schon recht blass aussehen lässt. Hier nur aus Distanz sichtbar von der WENIG beleuchteten Ecke steht das Weihnachtshaus eines ansässigen Dachdeckers. Rundrum beleuchtet wie bekloppt, überall Nikoläuse, die tanzen, singen oder Lichterketten rauf- und runterklettern, ein mit Lichterketten behangener Doppeldeckerbus aus London und einem aus Kanada importierten Schlitten mit zwei fast echten Rentieren über der Einfahrt zum Vorplatz. Also der Schlitten ist drüber, nicht der Bus. Auf dem Vorplatz stehen Tische und ein Verkaufsstand, wo es Glühwein, Bockwürste und Postkarten zu kaufen gibt, wofür die Stadtverwaltung explizit eine Bewilligung erteilt hat. Irgendwie muss die Stromrechnung ja bezahlt werden und die muss gewaltig sein, ausser die tanzenden Schnee- und Weihnachtsmänner sind tatsächlich seine Angehörigen nach einer Überdosis Schunkelgesöff.
Im Garten tuckert eine Eisenbahn durch ein multicoloriert blinkendes Städtchen und an der Rückseite steht DA KRIPP. Meines Wissens die einzige Krippe mit integrierter Discokugel, aber warum soll man an einem festiven Tag nicht auch etwas Party machen und nach dem Report über die Kuhstalldisco letzte Woche (dachte erst die Kühe tanzen, aber das waren Besucherinnen aus dem betreffenden Ort) passt das doch perfekt. MC Josef and Missy Maria featuring Lil’Jesus. Supported by Big’Ox, Snoop Donkey Donk and the Hirtenposse. Krippe gepimpt by West Jerusalem Customs. And from the Betlehem ghetto: Prince, da King of Mallorca and MJ – the King of Pop. Aber der soll etwas weiter weg stehen bleiben.
Aber der glowing Wine war lecker. War ein lustiger Ausflug, auch weil ich diesen coolen Bullen mit seiner Familie kennen gel… Wie? Darf ich nicht sagen? Tschuldigung. Also, weil ich diesen coolen Bullen mit seiner Herde kennen gelernt habe. Besser? Polizisten beim Autofahren zu beobachten ist durchaus interessant („Ich geb dir gleich Tiernamen!“), noch interessanter ist das Beobachten von Polizistenfrauen beim Autofahren („Also dass HIER eine Ampel ist!“ – Nachdem sämtliche Insassen zehn Zentimeter tiefe Gurtfurchen in die Körper geprägt bekommen haben).
Tags darauf besuchten wir aber Papa katza im Präsidium, einerseits zum Plaudern, andererseits weil es ein hässliches Bauwerk ist, an dem man noch einen originalen Reichsadler sehen kann, wenn man weiss wo und weil es dort etwas gibt, was so gut wie ausgestorben ist und damit meine ich NICHT Polizisten ohne Schnauzer: ein Paternoster. Ein was? Diese Dinger sieht man in der Regel nur noch in Filmen, die älter als vierzig Jahre sind und eigentlich nichts anderes sind als Holzkisten, die ununterbrochen rauf- und direkt daneben wieder runterfahren. Oben wird man wider Erwarten nicht auf den Kopf gestellt, ich habe es ausprobiert. Dumme User, die konditioniert darauf sind erstmal Knöpfchen zu drücken, lösen hier schon gerne einen Nothalt und den Alarm aus, weil es da doch einen Knopf gibt. Muss man drücken! Klingel! Sabber! Aber wie sollen die armen Eingeborenen das auch wissen, was sie da machen müssen, wenn an Fussgängerampeln nicht steht „Bitte drücken“, sondern „Fussgänger bitte Rotfläche berühren“. Ich habe die Umgebung der Ampel im Umkreis von zwei Metern abgesucht, es existiert dort keine Rotfläche. Was also sollte ich da berühren? Aha, den Knopf, den ich bei „Bitte drücken“ gedrückt hätte. Der war aber grau, Farbe komplett abgeblättert. Genaueres Untersuchen brachte hervor, dass die Farbe davor WAS gewesen ist? Na? Na? RICHTIG! Grüüün! Ich MUSS das nicht verstehen. Aber im Land der peniblen Erklärungen und Wortschöpfungen auf maximal machbarer Länge verwirrt mich das enorm. Aber eigentlich wundert mich auch nichts mehr, wenn ich erfahre, dass es in diesem Land Schilder gibt, die besagen: „Schranke passieren, wenn senkrecht. Senkrecht = Spitze oben“. Hm?
übrigens, in Bern beim Vaucher Sport hat es auch noch einen Paternoster :-)