Das "Tage"-Buch historisch und hysterisch
Die ollen Krümel von früher
Gestern Abend glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen. Da erklang es aus dem Off der neuen Prinzenrolle-Werbung: „Prinzenrolle – mit der echten Prinzencrème“. Ich habe früher auch schon Witze über den keks mit seiner Prinzenrolle gemacht, aber dass ich mir jetzt vorstellen muss, dass der cremige Geschmack der Füllung von einem wixenden Submonarchen stammt, da graut es mir. In dem Spot kann der Prinz das Dornmöschen auch nicht per Kuss reaktivieren, sondern packt seine Rolle aus (nein, die andere) und ploppt den Keks (nein, den anderen) auseinander. Realitätscheck: Hat das schon jemand versucht ohne dass der Keks vorher anschmelzenderweise an der Sonne lag? Da stellt man nämlich fest, wenn es denn ohne Gewalt und Zerbrechen geht, dass auf gar keinen Fall die ganze Schokolade auf EINER Seite bleibt und schon gar nicht, dass sie aussieht wie frisch darauf gespritzt (nein, das andere).
TV-Serien-Sponsoring durch Firmen hat sich inzwischen eingebürgert, sprich: Vor der Sendung und nach jedem Werbeblock bevor es weitergeht kommt „Blabla wird Ihnen präsentiert von…“, im Falle von Desperate Housewives (das ich im Gegensatz zu Sex&theCity witzig finde) konnte Herbal Essences gewonnen werden, da man offensichtlich denkt, Hausfrauen in Vororten kommen nur durch den Einsatz von Shampoo (!) zum Orgasmieren. Mir ist klar, dass sich an der Kopfhaut verschiedenste Nervenbahnen befinden und dass eine Kopfmassage sehr angenehm sein kann, aber ich glaube nicht, dass ein solcher Impact durch Aufschäumen gegeben ist. Ausprobierenderweise klaue ich meiner Submieterin heute aber die Flasche und werde das ausprobieren. Sollte der Versuch nicht klappen, weil ich a) kurze Haare habe oder b) weil ich ein Mann bin, werde ich die Firma wegen Sexismus anschreiben.
Plakate entlang der Strasse sind gerade im Frühling, in dem man vermehrt Reisefreudigkeit (nicht nur die hormonische) verspürt, durch Flugwerbung geprägt. Dies sind dann nicht nur Reisebüros, die Pauschalangebote in von kreischenden Bälgern verseuchten Familienhotels (Erholung nur durch konsequente Zufuhr von Alkohol möglich) anbieten, sondern auch die ganzen BILLIGflugangebote. Helvetic bietet alle seine Flüge für 99 an. Leider Euro und nicht Franken. Die Tatsache, dass Helvetic eine Schweizer Gesellschaft ist und der Euro bei uns nur subgebräuchlich, schubst für mich persönlich das Ganze in die mit der Aufschrift „Kundenverarschung“ versehene Schublade. Wenn man denn nämlich im Überschwang der Gefühle gebucht hat, dann ist es zu spät. Aber noch netter macht das unsere nationale Plairrline SWISS.
Gross beworben werden ganz tolle Flüge zu ganz tollen Preisen, doch wehe, man liest das Kleingefuckte nicht ganz ganz ganz unten am Rand der Werbung in Schriftgrösse Arial 1. Da kommen zu den Preisen noch Treibstoffschläge zu, die man doch eigentlich im Sinne von Offenheit im Preis integrieren könnte. Und Flughafenübergebühren, speziell im Fall von Zürich, die das neue Dock refinanzieren müssen. Was aber das geilste ist: SWISS Servicegebühren. Service. Das heisst Dienstleistung, wenn ich mich recht erinnere. Wenn ich im Internet buche muss ich da ein bisschen weniger bezahlen, weil ich mich ja selbst bediene. Das ist, als ob ich ins Puff gehe, mir einen runterhole und dann nur 50 statt 100 bezahle. Der Schampus ist sowieso extra, wie bei SWISS sämtliche Bordverpflegung. Am Ende bezahle ich also mehr Gebühren als Flugpreis und habe erst noch die ganze Arbeit. Herbal Essences bekommt für die Verarschung des Kunden wenigstens nichts von meinen Steuern. Der Prinz auch nicht, schliesslich haben wir keine Monarschie.