Generationenübergeifernd

Letzte Woche auf dem Weg vom Bahnhof zum Spital war so eher dezentes Schleichen angesagt, als forsches Ausschreiten. Bei den anderen auf dem Weg, nicht bei mir, also überholte ich laufend die vor mir dahin schlurfenden Jugendlichen. Doch plötzlich hielt ich inne und dachte, nein, den da vorne überholst du nicht. Wie hätte ich einem Achtzehnjährigen das Leben zerstört, wenn ich ihm vorgeführt hätte, dass ein doppelt so Alt… an Jahren mit 2 Multiplizierter im gleichen Trendladen einkauft wie er? Anderes Leben, aber gleiche Hose. Das wollte ich ihm nicht zumuten. Dass das Leben nicht fair ist, zeigte sich kurz darauf, denn am Ostermontag schaut meine Schwester mein Hemd an und sagt: „C&A Clockhouse?“ – „Ähm, ja?“ – „Mein Mann hat das gleiche in schwarz“. Und der ist SECHZIG. Ich geh nie wieder in den Laden!

Oder werde ich (wir) tatsächlich anders? Ich freu mich ja inzwischen schon, wenn ich ein neues Bügeleisen kaufe. Waren das früher nicht Stereoanlagenkomponenten oder Computerhardware, die uns Glücksgefühle verschafften? Und jetzt Küchen- und Haushaltsgeräte? Eine Espressomaschine geht ja grade noch, obwohl ich glaube, Koffein ist ein Gerücht. Ich kann mir jegliches diesbezügliches Getränk einverleiben und was passiert? Nichts. Nebenbei habe ich auch gelesen, dass Kaffee am frühen Morgen gar nicht wachmachen kann, weil der Körper die (gerüchteweise) enthaltenen Stoffe noch gar nicht aufnehmen kann. Erst nach etwa zwei Stunden soll das dann tatsächlich etwas bringen. Also ist das ein Wachhalter, statt Wachmacher. Den Kolben frühmorgens schon reinmachen hilft schon beim Kick in den Tag, aber es muss nicht der von der Kaffeemaschine sein.

Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit am Tag, heisst es. Passende Sprichwörter dazu gibt es, doch wenn ich am Morgen schon nicht wirklich mit Kaffeegerüch(t)en durchstarte, weiss ich ja auch nicht, ob Kohlenhydrate und Eiweisse diesen Job korrekt erledigen. Ausser nach zwei Stunden Betriebszeit, der Körper soll sich den Input doch verdienen. Bloss wie bekomm ich unsere Kantine dazu, mir um Neun Bratkartoffeln mit Bacon zu servieren? Was helfen könnte ist genügend Zucker, wobei mir da meine Ernährungsberaterin nahe gelegt hat, dass der Zucker nicht naheliegt nur weil er meistens nahe liegt. Wie die Schokolade da drüben. Oder Konditoreiauslagen. Da könnte ich ja schwelgen wie kürzlich in Appenzell. Ein superschönes Schaufenster mit all den lokalen Spezialitäten und dann – mittendrin – ein kleines popeliges Häufchen (nicht wirklich schön anzusehen) mit einem Schildchen „Auch für Diabetiker“. Und das erste was mir einfiel war: LOSER!

Tut mir ja leid, aber da hat man doch die Arschkarte gezogen, oder? Zucker als einer der primären Geschmacksträger (neben Fett, ich sag ja, das Leben ist nicht fair) und man muss seine Nahrungszufuhr nah Brotwerten berechnen? Das klingt ja noch langweiliger als die Punkte der Weight Watchers. Ich fress jetzt 15 Mohrenköpfe und den Rest des Tages nichts, so bleibt mein Konto ausgeglichen. Konto. Aha. Werte. Brotwerte. Mir wurde zugetragen, dass es Diabetiker gibt, die sich tierisch Süssigkeiten reinhauen um sich gleich danach die ausgleichende Insulinspritze zu verabreichen. Wie krank ist DAS denn? Was kommt als Nächstes? Insektengiftallergiker, die mit Wespennestern Baseball spielen? Wir leben in einer seltsamen Welt. Mit seltsamen Menschen. Mit selektiver Wahrnehmung und selektiver Verblödung. Obwohl ich ein paar Menschen nennen könnte, die KOMPLETT verblödet sind. Aber die erwähne ich ein anderes Mal. Jetzt brauch ich einen Kaffee. Schliesslich bin ich schon zwei Stunden wach und ein Bügelbrett muss ich auch noch kaufen.

Aktuell im Ohr: Rotersand – Hush

6 Comments on “Generationenübergeifernd

  1. Sorry, aber: *klugscheissmodus an* Warum soll ein Diabetiker nicht auch Süßkram essen? Meinetwegen auch ab und an mal über die Stränge schlagen … Wenn er mit der Dosierung von Insulin entsprechend gut umgehen kann, ist das kein Problem – führt er doch dem Körper nur das zu, was der nicht mehr selbst herstellen kann. Zu unterscheiden wäre allerdings hier auch zwischen Typ I und Typ II-Diabetes – ist Typ II doch meist mit Übergewicht gekoppelt und nicht insulinpflichtig. *klugscheissmodus aus*

  2. ohoh!!! Was hab ich denn da an…ne Clockhouse Hose. Das sind aber auch die Bequemsten…und man benötigt dafür kein Bügeleisen ;))

  3. Hosen bügeln? Jeans trägt sich ein, Cord kommt in den Trockner, Polyester faltet nicht und Leinen knittert eh(del).

  4. Aber jetzt, wo ich doch endlich mein eigenes Bügeleisen habe! Gut, so wie ICH bügle hat’s nachher diese coolen trendigen *einred* Falten. Also Bügelfalten. Allerdings quer.

  5. Hoffe, ich bin deiner Seite würdig;) Dürfen hier eigentlich auch Frauen reinschreiben? Tja, ich oute mich mal als solche und muss trotzdem sagen: deine Seite ist ziemlich gut und du hast ja ziemlich oft sooo recht;) (Sorry an alle Frauen da draußen!).
    Aber warum ich eigentlich schreibe: wie furchtbar ist es, wenn deine Eltern plötzlich in eine Phase kommen, in der sie sich alt fühlen, aber jung sein möchten und dann anfangen, die gleichen Klamotten zu kaufen, die du selber trägst! Meine Mutter befindet sich gerade in derselbigen welchen und findet es ziemlich cool. Ganz im Gegensatz zu mir. Bin nur froh, dass mein Vater nicht nicht auch… aber genug davon.
    Übrigends: das du dich schon über Bügeleisen freust, sollte dir echt zu denken geben ;)
    Denke, das ist mehr als genug Senf für ein BlahBlah…

  6. Frauen? Schreiben? Ich dachte, die können nur kochen und putzen? :)) Ne, ernsthaft, natürlich darfst du. Gibt’s hier auch des Öfteren. Wer schleimt, darf sowieso ;)

    Oh autsch, Eltern im gleichen Stil? Übel. Fühl dich gebeileidet.